Rassismus gegenüber Jenischen, Sinti/Manouches oder Roma
Rassismus gegenüber Jenischen, Sinti/Manouches oder Roma bezeichnet eine spezifische Form von Rassismus. Sie kommt in einer ablehnenden oder feindlichen Haltung und Einstellung gegenüber Menschen, die sich als Jenische, Sinti/Manouches oder Roma bezeichnen oder als solche wahrgenommen werden zum Ausdruck und lässt sich über lange Zeit zurückverfolgen und ist nach wie vor gesellschaftlich und strukturell verankert. Jenische, Sinti/Manouches und Roma sind unterschiedliche Volksgruppen mit je eigener Geschichte und Herkunft. Ganz unabhängig davon, wie sie leben wird ihnen aber eine traditionell im Familienverband reisende Lebensweise zugeschrieben und sie sind mit ähnlichen Vorurteilen und Stereotypen konfrontiert. Soll nicht eine bestimmte Volksgruppe bezeichnet werden, sondern steht die reisende Lebensweise im Mittelpunkt, so wird als Selbstbezeichnung in der Regel der Begriff «Reisende» bevorzugt. Die ethnische Zugehörigkeit beziehungsweise das kulturelle Selbstverständnis sollte aber von der (ortsfesten oder reisenden) Lebensweise unterschieden werden Siehe mehr dazu im Glossar.
Oft wird für Rassismus gegenüber Jenischen, Sinti/Manouches oder Roma der Begriff Antiziganis-mus verwendet. Im Oktober 2020 verabschiedete die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), der auch die Schweiz angehört, eine nicht rechtsverbindliche Arbeitsdefinition zu «Antiziga-nismus». Sie thematisiert darin unter anderem die mangelnde Anerkennung des Völkermordes an Roma im Nationalsozialismus sowie die Verantwortung, bestehenden Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen. Der von der IHRA verwendete Begriff «Antiziganismus» ist umstritten, da er die rassis-tische Fremdbezeichnung enthält und ein verzerrendes Feindbild reproduziert.
Die IHRA wie auch der Europarat verwenden «Sinti und Roma» resp. «Roma and Travellers» als Oberbegriff für verschiedene Gruppen a.m). Die schweizerischen jenischen Gemeinschaften weisen dies dezidiert zurück, auch der Europäische Jenische Rat kritisiert die Entscheidung scharf.
Wo steht die Schweiz
Es gibt nur wenige Daten, die Hinweise zum Ausmass rassistischer Diskriminierung und Rassismus gegen Jenische, Sinti oder Roma in der Schweiz liefern – 2023 gelangten 14, 2022 10 und 2021 13 Vorfälle an eine Beratungsstelle. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist. Vorfälle werden nicht immer gemeldet und Betroffene wenden sich nicht zwingend an eine Beratungsstelle, sondern an Vertrauensstellen oder -personen ihrer Wahl. Seit einigen Jahren bietet die Stiftung Zukunft Schweizer Fahrende spezifisch Beratung für Jenische, Sinti und fahrende Roma an.
Daten zu Diskriminierungserfahrung oder Einstellungen der Bevölkerung, die sich auf Jenische, Sinti oder Roma beziehen, stehen bis heute nicht zur Verfügung. In der Schweiz werden keine Rassismusrelevanten Daten gesammelt. Internationale Menschenrechtsgremien fordern dies schon länger, etwa mit Verweis auf das Recht auf freie Selbstidentifikation. Vgl. hierzu etwa 5. Gutachten des Beratenden Ausschusses des Europarates für das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten über die Schweiz, §16.
In der BFS-Erhebung ZidS wird aber nach den Einstellungen der Bevölkerung gegenüber der fahrenden Lebensweise gefragt: 2024 fühlen sich 23.5 Prozent der Bevölkerung in ihrem Alltag durch die Anwesenheit von Personen mit einer nicht-sesshaften Lebensweise gestört. Siehe auch Rassismus in Zahlen > Einstellungen.
Zu ähnlichen Erkenntnissen führte die 2019 durchgeführte Zwischenerhebung zum selben Thema. Während 67% der Bevölkerung findet, dass Menschen mit fahrender Lebensweise Teil der Schweizer Vielfalt sind, widerspricht ein Drittel dieser Aussage. Die Studie zu strukturellem Rassismus zeigt zudem, dass Jenische, Sinti und Roma auch von Racial Profiling betroffen sind. Die Studie zu strukturellem Rassismus zeigt zudem, dass Jenische, Sinti und Roma auch von Racial Profiling betroffen sind. Siehe auch Polizei und Justiz.
Herausforderungen und Massnahmen
Staatliche Massnahmen gegen Rassismus verfolgen bisher einen allgemeinen Ansatz und adressieren kaum explizit die verschiedenen von Rassismus betroffenen Personengruppen. Verschiedene von der FRB mit Finanzhilfen unterstützte Projekte beschäftigen sich aber, teilweise explizit, mit Rassismus gegen Jenische, Sinti/Manouches oder Roma bzw. der Prävention und Bekämpfung davon.