Rassistische Diskriminierung kommt in allen Lebensbereichen vor. Die Bereiche Arbeit, öffentlicher Raum und Schule werden von Betroffenen am häufigsten genannt.
Es gibt keinen Lebensbereich, in dem rassistische Diskriminierung nicht vorkommt. Die obige Illustration zeigt die Orte, welche rassistisch diskriminierte Personen in der Erhebung «Zusammenleben in der Schweiz» (ZidS) 2024 am häufigsten nennen: 52% den Arbeitsalltag und die Arbeitssuche, 36% den öffentlichen Raum und 29% die Schule, Studium. Die Erhebungsteilnehmenden konnten mehrere Antworten geben (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx).
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Dass rassistische Diskriminierung bei der Arbeit, im öffentlichen Raum und in der Schule besonders häufig vorkommt, zeigt auch die Sonderauswertung der Erhebung «Zusammenleben in der Schweiz» (ZidS) «Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext» (xlsx) durch das Schweizerische Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien der Universität Neuenburg (SFM).
Wichtig zu wissen: Diese Auswertung berücksichtigt nur den Teil der Bevölkerung, der rassistische Diskriminierung erlebt hat. Die Aussagen beziehen sich deshalb je nach Thema nur auf eine kleine Anzahl von Beobachtungen und sind deshalb weniger aussagekräftig. Sind es weniger als fünf Beobachtungen werden sie bei den Auswertungen nicht berücksichtigt – mehr dazu unter Quellen und Methoden.
Insgesamt zeigt die Erhebung, dass Menschen mit Migrationshintergrund häufiger rassistische Diskriminierung erleben. Diese Tatsache widerspiegelt sich in vielen Lebensbereichen. Der Migrationshintergrund scheint besonders beim Zugang zu Arbeit und Wohnraum, aber auch im Zusammenhang mit der öffentlichen Verwaltung ins Gewicht zu fallen (mehr dazu: Wer wird diskriminiert?).
Die Bezeichnung «Menschen mit Migrationshintergrund» umfasst unter anderem Personen, deren beide Elternteile im Ausland geboren wurden. Nicht darunter fallen etwa Schweizer und Schweizerinnen mit nur einem im Ausland geborenen Elternteil oder in der Schweiz geborene Personen ausländischer Nationalität, deren beide Eltern in der Schweiz geboren wurden (Definition des Bundesamts für Statistik).
In anderen Lebensbereichen sind Menschen ohne Migrationshintergrund stärker betroffen: im Gesundheitsbereich, dem öffentlichen Raum, Bars, Freizeit und Sport, der Familie, dem Internet und der kulturellen Teilhabe. Die Daten lassen keine abschliessende Interpretation der Gründe zu. Klar ist, dass auch Personen ohne Migrationshintergrund zu rassifizierten Gruppen gehören oder zumindest einer solchen zugeordnet werden (mehr dazu im Glossar: Rassifizierung).
Die Beratungsstellen (DoSyRa) verzeichnen die höchste Fallzahl rassistischer Diskriminierung bei der Arbeit. An zweiter Stelle steht die Schule, gefolgt von der Verwaltung. Dabei ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Nicht immer wehren sich betroffene Menschen gegen rassistische Diskriminierung. Das hat viele mögliche Gründe: Abhängigkeits- oder Machtstrukturen, subtile, schwer zu erkennende oder nachzuweisende Formen der rassistischen Diskriminierung (struktureller Rassismus) oder fehlendes Vertrauen in den Nutzen einer Meldung, einer Beanstandung oder einer Beratung. Um dem zu begegnen, sollten Organisationen, Institutionen und Unternehmen sicherstellen, dass Diskriminierung in ihren Reihen angesprochen und Massnahmen dagegen ergriffen werden.
Hinweise auf institutionell-strukturelle Diskriminierung sind für die Lebensbereiche Arbeit, Wohnen, Behörden/Einbürgerung, Politik sowie teilweise soziale Sicherheit, Polizei und Justiz dokumentiert (Quelle: Studie zu strukturellem Rassismus).
Die Lebensbereiche im Einzelnen
Personen mit Rassismuserfahrungen gaben 2024 zu 52% an, diese im Bereich Arbeit gemacht zu haben – zu 43% im Arbeitsalltag und zu 24% bei der Arbeitssuche. Der Migrationshintergrund fällt besonders bei der Arbeitssuche stark ins Gewicht: 31% mit Migrationshintergrund haben rassistische Diskriminierung erlebt gegenüber 10% ohne (Quelle: Auswertung der ZidS, Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx, durch das Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien SFM).
Auch andernorts wird sichtbar, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt gerade für Zugewanderte und Personen mit Migrationshintergrund erschwert ist. Erfahren Sie mehr darüber in unserem Dossier zu «Wirtschaft und Arbeit».
Rassismus betrifft längst nicht nur Erwachsene: Von jenen Menschen, die angeben, in der Schule, im Studium oder in der Weiterbildung rassistisch diskriminiert worden zu sein, geschah es bei 40% schon während der obligatorischen Schulzeit. Ihr höchster Abschluss entspricht dieser Bildungsstufe. Bei 21 % der Betroffenen ist der höchste Abschluss die Tertiärstufe, also eine Hochschule oder eine höhere Berufsbildung. 32% nennen die Sekundarstufe (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx). Je höher der Bildungsabschluss ist, desto kleiner wird also der Anteil der Betroffenen. Unter den Personen mit obligatorischer Schulbildung finden sich überdurchschnittlich viele mit Migrationshintergrund.
Der Lebensbereich Schule wird hinter der Arbeit und dem öffentlichen Raum an dritter Stelle als Ort genannt, wo rassistische Diskriminierung erlebt wurde. Die Nennungen nehmen über die Zeit betrachtet zu (Quelle: ZidS/SFM).
Bei den Beratungsstellen kommen die Vorfälle im Bereich Schule, Bildung und Kita sogar an zweiter Stelle. Auch sie steigen kontinuierlich an. Auffallend ist, dass Fälle rassistischer Diskriminierung im Lebensbereich Schule selten vor Gericht verhandelt werden. Dies liegt häufig daran, dass die vom Strafgesetz vorausgesetzte Öffentlichkeit nicht gegeben ist. Betroffene scheinen jedoch auch aus weiteren Gründen, wie Abhängigkeitsverhältnisse oder die Angst vor Konsequenzen, andere Lösungswege vorzuziehen.
Diskriminierung und strukturelle Benachteiligung gibt es auch auf dem Wohnungsmarkt. Eine nationale empirische Untersuchung aus dem Jahr 2019, durchgeführt vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO), zeigt: Personen mit einem kosovarischen oder türkischen Namen haben eine deutlich geringere Chance, zu einer Wohnungsbesichtigung eingeladen zu werden, als Personen mit Namen, die der Schweiz oder Nachbarländern zugeordnet werden.
Rassismus bei der Wohnungssuche wird 2024 in der Erhebung «Zusammenleben in der Schweiz» (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx) von den Menschen, die rassistische Diskriminierung erlebt haben, am fünfthäufigsten angegeben. Personen mit Migrationshintergrund (23% gegenüber 10% ohne Migrationshintergrund) sind davon stärker betroffen.
Die Beratungsfälle – 41 von 708 Fällen – bleiben im Jahresvergleich stabil, es lässt sich kein Trend erkennen.
Die Entscheidsammlung der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) weist im Zusammenhang mit der Diskriminierungs-Strafnorm (Art. 261bis StGB) keine Gerichtsentscheide betreffend Diskriminierung im Bereich Wohnen aus. Auch im Zivilrecht gibt es praktisch keine Rechtsprechung zu rassistischer Diskriminierung in diesem Bereich. Bereits 2015 hielt eine Studie fest, dass die Situation im Strafrecht lückenhaft und im Zivilrecht noch prekärer ist (Quelle: Teilstudie 6, Racisme, Studie SKMR Zugang zur Justiz in Diskriminierungsfällen).
Die Vorfälle rassistischer Diskriminierung im Lebensbereich Gesundheit, die in der Erhebung «Zusammenleben in der Schweiz» (ZidS) und in der Beratungsstatistik erfasst wurden, sind verschwindend klein. Die Beratungsfälle steigen im Jahresvergleich leicht an. Der Anteil liegt aber nach wie vor unter 10% aller Beratungsfälle.
Insgesamt ist rassistische Diskriminierung im Gesundheitsbereich noch wenig erforscht. Schweizer Studien zeigen, dass unterprivilegierte Bevölkerungsgruppen, darunter Personen mit Migrationshintergrund, häufiger krank sind und ein Zusammenhang mit deren Diskriminierungserfahrung besteht. Zum Beispiel zeigen Indikatoren des Bundesamts für Statistik: Migration verbunden mit tiefer sozialer Stellung (gemessen am Bildungsstand), schwierigeren Arbeits- oder Lebensbedingungen und mangelnden Kenntnissen der Landessprache wirken sich negativ auf die Gesundheit aus. Diese Ungleichheiten sind auch bei den medizinischen Leistungen spürbar – 2022 verzichteten insgesamt 3 % der Schweizer Wohnbevölkerung aus finanziellen Gründen auf zahnärztliche Leistungen. Bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund sind es 5% (2022). (Quelle: BFS-Integrationsindikatoren)
Neben individuellen Faktoren schränken soziale Benachteiligungen und insbesondere ein Migrationshintergrund die gesundheitliche Chancengleichheit ein. Der Zugang zu materiellen, sozialen und kulturellen Ressourcen wird dadurch erschwert. Ungleiche gesundheitliche Chancen gefährden den sozialen Zusammenhalt. Chancengleichheit gehört deshalb im Rahmen der Strategie «Gesundheit2030» zu den dringlichsten Herausforderungen.
In den Statistiken sind nur wenige Vorfälle rassistischer Diskriminierung im Sozialbereich zu finden. Von dem Teil der Bevölkerung, der rassistische Diskriminierung erfahren hat, geben im Jahr 2024 5% an, in diesem Bereich diskriminiert worden zu sein (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx). Dieser Wert bleibt über die Jahre unverändert. Im Zusammenhang mit Sozialversicherungen steigen die Beratungsfälle wegen rassistischer Diskriminierung hingegen an, befinden sich aber nach wie vor auf niedrigem Niveau.
Der Kennzahlenbericht 2021 hält fest, dass Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft ein deutlich höheres Sozialhilferisiko haben. Entscheidende Gründe dafür sind der teils tiefe Bildungsstand sowie die Nicht-Anerkennung von Bildungsabschlüssen. Auch fehlende Sprachkenntnisse und der hohe Anteil ausländischer Arbeitskräfte in konjunkturabhängigen und von Niedriglohn gekennzeichneten Branchen tragen dazu bei. Gemäss Integrationsindikatoren lag die Sozialhilfequote von Ausländerinnen und Ausländern 2022 dreimal über jener von Schweizerinnen und Schweizern (6% gegenüber 2%).
Dies wiederum hat auf anderen Ebenen gravierende Auswirkungen: Die reduzierte Unterstützung von asylsuchenden und vorläufig aufgenommenen Menschen durch die Sozialhilfe führt zu prekären Lebensverhältnissen. Ausgrenzung aufgrund der Herkunft kann diese weiter verstärken. Werden ausserdem migrationsrechtliche mit sozialrechtlichen Vorkehrungen verknüpft, erhöht sich auch hier die Gefahr der Diskriminierung. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Person auf Sozialhilfeleistungen verzichtet, weil ihr Nachteile bei der Einbürgerung entstehen oder der Verlust des Aufenthaltsrechts droht (Quelle: Studie zu strukturellem Rassismus).
Tatsächlich sank nach der Anpassung des Ausländer- und Integrationsgesetzes 2019 – laut Kennzahlenbericht der Städteinitiative Sozialpolitik – die Sozialhilfequote bei Ausländerinnen und Ausländern. Aus Angst vor dem Verlust des Aufenthaltsrechts verzichteten viele trotz ihres Anspruchs auf den Bezug von Sozialhilfe. Aus dem gleichen Grund stellt der Kennzahlenbericht 2021 fest, dass weniger Bildungsmassnahmen in Anspruch genommen wurden.
18% der Menschen, die von rassistischer Diskriminierung betroffen sind, haben diese im Bereich Freizeit, Sport und Vereinsleben erfahren (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx). Im Vergleich mit anderen kommt dieser Lebensbereiche an siebter Stelle. Männer sowie Personen mit tieferem Bildungsniveau sind davon stärker betroffen. Der Anteil derjenigen ohne Migrationshintergrund ist in diesem Bereich höher als der von Personen mit Migrationshintergrund. Dies kann möglicherweise damit erklärt werden, dass zwar vielen Personen aufgrund ihres Namens oder ihrer Hautfarbe ein Migrationshintergrund zugeschrieben wird, sie gemäss Definition aber keinen haben. Hier zeigt sich, dass der Migrationshintergrund allein nicht genügt, um ein Gesamtbild rassistischer Diskriminierung zu zeichnen, denn auch Menschen ohne Migrationshintergrund erfahren rassistische Diskriminierung. Für genauere Aussagen dazu bräuchte es zusätzliche, durch Selbstdeklaration erhobene Daten, wie sie internationale Menschenrechtsgremien fordern.
Die rassistischen Vorfälle im Lebensbereich Freizeit, Sport und Vereinsleben liegen bei den Beratungsstellen sowie vor Gericht gleichbleibend auf tiefem Niveau. Sie sind möglicherweise sogar rückläufig, was jedoch weiter untersucht werden müsste. Die Anzahl Entscheide in der EKR-Entscheidsammlung zu Freizeit und Sport ist seit jeher verschwindend klein (Quelle: Tangram 41 zu Rassismus im Sport).
Fremdenfeindlichkeit ist im Sport ein verbreitetes Phänomen. Darauf deuten Forschungsresultate hin. Weder Rassismus noch rassistische Diskriminierung wurden bisher explizit für den Schweizer Kontext untersucht. Übersichtsstudien stellen jedoch fest, dass Migrantinnen und Migranten, speziell aus Ländern des Balkans, der Türkei und aussereuropäischen Ländern, weniger in Sportvereinen vertreten sind. Das oft gelobte «Integrationspotential» des Sports ist – zumindest ohne begleitende Massnahmen – damit in Frage gestellt (Quelle: Studie zu strukturellem Rassismus).
Ungleichbehandlung und Diskriminierung werden aber auch im Sport zunehmend thematisiert. Das Bundesamt für Sport (BASPO) setzt sich im Rahmen der Fachstelle Integration und Prävention gemeinsam mit Swiss Olympic für einen fairen, sicheren und integrativen Sport ein. Unter dem Titel «Fairer und sicherer Sport» wird etwa die transkulturelle Öffnung von Sportvereinen sowie der konstruktive Umgang mit kultureller Vielfalt innerhalb der Vereine gefördert.
2023 trat die revidierte Sportförderungsverordnung in Kraft, die den Schutz insbesondere von jungen Athletinnen und Athleten vor Gewalt, Diskriminierung und psychischen Persönlichkeitsverletzungen stärken soll. Die Änderungen umfassen unter anderem die Verankerung einer unabhängigen nationalen Melde- und einer Disziplinarstelle im Rahmen des Projekts «Ethik im Sport».
19% der Bevölkerung, die rassistische Diskriminierung erlebt hat, geben an, dass diese beim Zutritt zu Bars oder Clubs stattgefunden habe (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx). Männer sowie Personen ohne Migrationshintergrund sind davon stärker betroffen. In der Beratungsstatistik bleiben die Anteile rassistischer Diskriminierung in den Bereichen Freizeit und Ausgehen auf tiefem Niveau stabil.
Nur wenige Schweizer Studien zur Freizeit befassen sich explizit mit Rassismus. Die bestehende Forschung zeigt aber, dass rassistische Praktiken etwa beim Einlass in Clubs für rassifizierte Personen vielfältige Konsequenzen haben und als Ausgrenzung und Erniedrigung erlebt werden.
8% der Bevölkerung, die rassistische Diskriminierung erlebt hat, geben an, diese sei im Zusammenhang mit kultureller Partizipation geschehen (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx). Der Anteil ist damit grösser als jener im Sozialhilfe- sowie im Gesundheitsbereich. Frauen und Personen mit Migrationshintergrund sind leicht stärker betroffen.
Gemäss der Erhebung zur Sprache, Religion und Kultur (ESRK) von 2019 wurden 3% der Bevölkerung beim Besuch eines Kulturanlasses wegen ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion diskriminiert. Diskriminierung beim Besuch von Kulturinstitutionen und -anlässen wird von ausländischen Personen öfter erwähnt (6%) als von schweizerischen (2%), eher von weniger gebildeten und von finanziell weniger gut situierten Befragten (Quelle: Bundesamt für Statistik, Kulturverhalten in der Schweiz, ESRK 2019).
In einem offenen Brief an Schweizer Kunstinstitutionen und -organisationen berichten über fünfzig Schwarze Künstlerinnen und Künstler von rassistischen Erlebnissen und wie Kulturinstitutionen abwehrend reagierten, als diese Probleme angesprochen wurden (Quelle: Offener Brief).
Die Anzahl rassistisch diskriminierter Menschen, die angeben diese Erfahrung bei der öffentlichen Verwaltung und Ämtern gemacht zu haben, nimmt zu. 2024 lag der Anteil gemäss der Auswertung von ZidS durch das SFM (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx) bei 13%. Männer sowie Personen mit Migrationshintergrund sind davon stärker betroffen.
Die Beratungsfälle, welche die öffentliche Verwaltung betreffen, nehmen weiter zu und befinden sich im Vergleich der Lebensbereiche an dritter Stelle. Die EKR-Entscheidsammlung hingegen verzeichnet nur eine sehr geringe, weiter abnehmende Anzahl Rechtsfälle, welche die Verwaltung oder Behörden betreffen.
Laut der Studie zu strukturellem Rassismus fällt der Lebensbereich öffentliche Verwaltung besonders ins Gewicht, da die Bevölkerung im Normalfall von Behörden sowie der öffentlichen Verwaltung keine Diskriminierung erwartet. Die Analyse vorhandener Studien liefert jedoch klare Hinweise auf institutionelle-strukturelle Diskriminierung sowohl in Einbürgerungsverfahren als auch in anderen Bereichen: Behörden nehmen innerhalb der Migrationsbevölkerung rassifizierte Unterscheidungen vor und bürokratische Prozesse laufen je nach Herkunft anders ab.
Die Polizei übt das staatliche Gewaltmonopol aus. Sie hat deshalb eine besondere Verantwortung, Rassismus und rassistische Diskriminierung durch Polizeibeamte, innerhalb der Polizeicorps oder auf institutioneller Ebene zu verhindern oder zu ahnden. Sie ist dazu verpflichtet, rassistisches Handeln zu vermeiden, etwa in Form von Polizeigewalt und diskriminierenden Polizeikontrollen, sogenanntem Ethnischen oder Racial Profiling (Glossar). Immer wieder bemängeln internationale Kontrollorgane den unzureichenden Schutz im Falle polizeilichen Fehlverhaltens.
9% der Bevölkerung, die gemäss der Erhebung «Zusammenleben in der Schweiz» (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx) rassistische Diskriminierung erlebt hat, erfahren diese im Kontakt mit der Polizei. Betroffen sind eher Männer sowie Personen mit Migrationshintergrund. Der ebenfalls erhobene Anteil rassistischer Diskriminierung im Militär ist hingegen verschwindend klein.
In der Beratungsstatistik bleibt die Anzahl rassistischer Vorfälle im Zusammenhang mit der Polizei stabil, 2022 waren es 45 von insgesamt 708 Vorfällen. Hinzu kommen 9 Vorfälle im Zusammenhang mit der Grenzwache/dem Zoll. Seit Januar 2022 werden sämtliche Beanstandungen, die im Zusammenhang mit Personenkontrollen durch Angehörige der Grenzwacht oder des Zolls stehen, zentral am Hauptsitz des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) in Bern bearbeitet. Jeder Beanstandung wird nachgegangen, jede wird beantwortet sowie in einer gesamtschweizerischen Controllingliste erfasst. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 190 Beanstandungen registriert, zehn davon enthielten Vorwürfe zu rassistischen Kontrollen/Racial Profiling. Alle zehn Fälle wurden nach der Prüfung als nicht gerechtfertigt beurteilt.
Die Studie zu strukturellem Rassismus kommt zum Schluss, dass es in mehreren Kantonen wiederkehrende Hinweise auf institutionelle Praktiken gibt, die insbesondere Schwarze Männer, aber auch als asiatisch, muslimisch, Roma, Sinti/Manouche oder Jenisch wahrgenommene Personen unter Generalverdacht stellt.
Weitere Informationen zu diesem Thema haben wir Ihnen in unserem Dossier «Polizei und Justiz» zusammengestellt.
Diskriminierungen im öffentlichen Raum manifestieren sich unterschiedlich. Besonders Alltagsrassismus ist oftmals mehrdeutig und nur schwer fassbar. Die Erhebung «Zusammenleben in der Schweiz» zeigt etwa, dass negative Einstellungen gegenüber den angesprochenen Minderheiten – jüdische, Schwarze und muslimische Personen – weit verbreitet sind. Obwohl dies nicht zwangsläufig zu rassistischer Diskriminierung führt, belegen Forschungsergebnisse, dass solche Einstellungen einen Werterahmen bilden, in dem Diskriminierung legitimiert werden kann.
Unter den Menschen mit rassistischer Diskriminierungserfahrung wird der öffentliche Raum oder Verkehr am zweithäufigsten als Ort genannt, an dem sie rassistisch diskriminiert werden (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx). Der Anteil an Personen ohne Migrationshintergrund ist mit 42% höher als jener mit Migrationshintergrund mit 33%. Letzterer nahm seit 2022 um 7 Prozentpunkte zu.
In der Beratungsstatistik wurden 2022 58 Vorfälle von insgesamt 708 im öffentlichen Raum und 35 im öffentlichen Verkehr erfasst. Die Kategorie «öffentliche Orte» steht in der EKR-Entscheidsammlung mit 26 Entscheiden 2021 an erster Stelle.
Rassistische Diskriminierung innerhalb der Familie oder im privaten Bereich lag 2024 bei 12% (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx). Frauen und Männer sind etwa gleich stark betroffen. Der Anteil jener Menschen ohne Migrationshintergrund fällt dabei mit 19% mehr als doppelt so hoch aus wie jener mit Migrationshintergrund (8%).
Die Beratungsstellen verzeichnen in diesem Lebensbereich im Jahr 2022 insgesamt 16 Vorfälle.
Nur wenige Studien oder Berichte befassen sich mit strukturellem Rassismus im Angehörigenkreis. Einige weisen jedoch darauf hin, dass Rassismus in der Familie besonders für Kinder und Jugendliche prägend sein kann, etwa wenn sie durch aufenthaltsrechtliche Abhängigkeiten oder gesellschaftliche Stereotype ein Machtgefälle zwischen den Eltern erleben.
Digitale Medien und soziale Netzwerke sind für die Informationsvermittlung und die Kommunikation zentral. Spezifische Kommunikationsbedingungen und -mechanismen im Internet fördern vor allem bei gesellschaftlich sensiblen Themen emotional polarisierende Äusserungen. Sie erhalten online mehr Aufmerksamkeit und mehr Kommentare als sachliche und differenzierte Inhalte und werden stärker verbreitetet. Rassistische Hassrede wird dadurch gefördert.
11% der von rassistischer Diskriminierung Betroffenen geben an, diese Erfahrung online gemacht zu haben (Quelle: ZidS/SFM, Auswertung des SFM der Erfahrung rassistischer Diskriminierung nach Kontext, xlsx). Zu ihnen gehören vor allem Personen mit obligatorischer Schulbildung oder Sek II-Abschluss sowie mehr Menschen ohne Migrationshintergrund (18%) als mit (7%).
Gemäss Beratungsstatistik betrafen 2022 43 von insgesamt 708 Vorfällen diesen Lebensbereich. Die Anzahl Entscheide in der EKR-Entscheidsammlung nahm im Bereich Internet und soziale Medien zu. 2021 waren es insgesamt 35 – ein Drittel aller Entscheide.
Auf der Meldeplattform für rassistische Online-Hassrede, die es seit Ende 2021 gibt, wurden 2024 insgesamt 302 Meldungen erfasst, die von der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) als rassistische Hassrede beurteilt wurden.
Laut Studie zu strukturellem Rassismus belegen Analysen der Medienberichterstattung, dass über Minderheiten oft undifferenziert und pauschalisierend berichtet wird. Zudem haben rassistische und speziell antisemitische Hassrede im Internet in den letzten Jahren zugenommen.
Das dokumentierte Ausmass rassistischer Diskriminierung ist in Bewegung. Erhebungen sowie Beratungs- und Rechtsfälle geben Hinweise darauf.
Wer wird diskriminiert?
Die Sicht auf die betroffenen Menschen ist aus verschiedenen Gründen eingeschränkt. Ihre Nationalität, ihr Geschlecht, ihr Alter etc. liefern trotzdem Hinweise.
Wie wird diskriminiert?
Verbale Attacken, schriftliche Beleidigungen, strukturelle Benachteiligung oder sogar Schläge – rassistische Diskriminierung hat viele Gesichter.
Wer diskriminiert?
Ein genaues Bild der Täterinnen und Täter ist schwierig, weil Daten nicht erhoben werden oder vertraulich sind. Anhaltspunkte geben Straftaten.
Einstellungen
Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Religion, Sprache, Hautfarbe: Viele Menschen stört die Vielfalt. Aber noch mehr finden: Rassistische Diskriminierung ist ein ernstes Problem.